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Elefant und Drache: eine angespannte Beziehung
Während Indien sich derzeit über umfangreiche Investitionen im Land freut, haben sich die Hoffnungen auf eine schnelle wirtschaftliche Erholung nach Corona in China nicht erfüllt. Eine Analyse der Ländersituationen und ihrer Beziehung.

Über die beiden großen asiatischen Märkte wird derzeit viel berichtet, wenn auch mit unterschiedlicher Ausprägung. Indien, das von den aktuellen De-Risking Diskussionen in Deutschland und Europa sowie von den Reibungsflächen Chinas insbesondere mit den USA profitiert, freut sich derzeit nicht nur über ein hohes Interesse, sondern auch über umfangreiche Investitionen im Land. Darüber hinaus legt die lokale Nachfrage, die hauptsächlich die Geschäftsentwicklung in der Investitionsgüterindustrie vorantreibt, aktuell in signifikantem Maße zu. Kaum eine wichtige Kundenbranche für den Maschinenbau, die nicht ihr Engagement in Indien ausbaut. 

Dynamische Lieferungen des Maschinenbaus  nach Indien
Und dies spiegelt sich auch in den Zahlen wider. Schon im Jahr 2021 konnte das Wachstum den im Pandemiejahr erfolgten Rückgang bei den Exporten mehr als kompensieren. Und 2022 legten die Lieferungen unserer Industrie im Vergleich zum Vorjahr erneut um 38 Prozent zu. Dieser positive Trend hat auch 2023 Bestand. So stiegen die Exporte des deutschen Maschinenbaus nach Indien bis August im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um über 11 Prozent weiter an. 

Die optimistische Stimmung war auch auf der jährlich stattfinden VDMA-Mitgliederversammlung in Bangalore am 13. Oktober 2023 deutlich spürbar. Das Feedback der über 300 Vertreter der Niederlassungen unserer Mitglieder in Indien wies steil nach oben. Und so ist es nicht verwunderlich, dass zusätzliche Investitionen in Indien geplant beziehungsweise intensiv in einigen Mitgliedsunternehmen diskutiert werden.

Exporte nach China verharren auf hohem Niveau
Zurückhaltender wird da die Lage in China bewertet. Die Hoffnungen des deutschen und europäischen Maschinenbaus auf einen schnellen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Aufhebung der Covid-Restriktionen haben sich bisher nicht erfüllt. Das erste Halbjahr 2023 war gekennzeichnet durch eine geringere Kapazitätsauslastung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, dies bedingt unter anderem durch eine Investitionszurückhaltung maßgeblicher Abnehmerbranchen und fehlender finanzieller Mittel seitens der Lokalregierungen für Investitionen. In der VDMA-Frühjahrsumfrage gingen 40 Prozent der Befragten noch davon aus, dass sich die Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten verbessern wird. Heute muss konstatiert werden, dass der Aufschwung wohl noch eine Weile auf sich warten lassen wird. 

Gleichwohl verharren die Exporte nach China auf hohem Niveau und so betrugen die Lieferungen ins „Reich der Mitte“ 2022 rund 19 Milliarden Euro. Diesbezüglich ist eine Seitwärtsbewegung seit 2018 zu beobachten. Insgesamt erleben wir einen profunden Wandel, der gerade im Lebenszyklus der chinesischen Volkswirtschaft stattfindet. Die chinesische Industrie als wichtiger Sektor dieser Volkswirtschaft ist im Übergang von der jahrzehntelangen Aufbauphase, die durch überdurchschnittliche Wachstumsraten geprägt war zur Reifephase, in der sich die Wachstumsraten dem Rhythmus und Korridor der entwickelten Volkswirtschaften weltweit anpassen.

Überarbeitung oder Neuausrichtung der eigenen China-Strategie
Aufgrund der geopolitischen Spannungen und der massiven Covid-19 Restriktionen, welche in China 3 Jahre angehalten hatten, und der damit einhergehenden Unsicherheiten überdenken viele Mitgliedsunternehmen ihr Engagement in China. Daher führten die VDMA-Außenwirtschaft und VDMA China eine Umfrage unter den Mitgliedern parallel bei Tochterunternehmen in China und Mutterhäusern in Deutschland durch. 45 Prozent der Befragten gaben an, ihre Chinastrategie zu überarbeiten beziehungsweise eine Neuausrichtung anzustreben. Als wichtigste Gründe hierfür wurden geopolitische Spannungen, "buy local" Anforderungen der Administration und die allgemeine konjunkturelle Abschwächung auf dem chinesischen Markt genannt. Der VDMA hat hierzu eine Handreichung veröffentlicht, die die interne Diskussion in den Mitgliedsunternehmen unterstützen soll.

Das bilaterale Verhältnis der beiden bevölkerungsreichsten Länder in Asien ist weiterhin angespannt. Dies wohl auch ein Grund dafür, dass Indien 2022 in letzter Minute nicht dem pan-asiatischen Wirtschaftsabkommen RCEP beitreten wollte. Auch die noch offenen Grenzstreitigkeiten im Himalaya tragen derzeit nicht zu einer Beruhigung der Lage bei. Somit auch ein Faktor, den VDMA-Mitglieder in ihrer Analyse berücksichtigen sollten.

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