"Mehr Frauen in Führungspositionen" - vdma.org
Von Alexandra Rehn
"Sind sie die Assistentin?" - "Wollen Sie das nicht noch mal mit Ihrem Chef abklären?" - "Können Sie das überhaupt beurteilen?" - Fragen wie diese kennt Regina Knorr zur Genüge, auch wenn die 29-Jährige sie heute nicht mehr so häufig hört wie noch vor einigen Jahren. "Vielleicht liegt es daran, dass ich etwas älter geworden bin, vielleicht auch daran, dass man mich inzwischen kennt und um meine Kompetenzen weiß", vermutet sie.
Knorr ist Umwelt- und Sicherheitsingenieurin und seit fünf Jahren Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Linde Material Handling GmbH in Aschaffenburg. Das heißt, sie unterstützt das Unternehmen und die Führungskräfte in Sachen Arbeits- und Gesundheitsschutz, organisiert Brandschutz-Schulungen und Notfallmanagement. "Ich mache diesen Job sehr gerne, weil ich helfen kann, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu verhindern", sagt sie. Außerdem ist sie zuständig für Umweltaspekte, wie Luftemissionen in der Gießerei, den Umgang mit Gefahrstoffen oder Recyclingquoten.
Ihr Studium des Umwelt- und Sicherheitsingenieurwesens hat die fachliche Basis für diese verantwortungsvolle Tätigkeit gelegt. Hier hat Regina Knorr gelernt, technische Maßnahmen und Verfahren zum Schutz von Mensch und Umwelt zu entwickeln und zu überwachen - von der Wasseraufbereitung über die Abfallbehandlung und Luftreinhaltung bis hin zum Arbeitsschutz. Auch die Fachkundenachweise für Immissionsschutz, Gewässerkunde, Abfallmanagement und Brandschutz hat sie bereits während des Studiums erworben.
Technisch interessiert war Knorr schon als Kind. "Daran ist mein Vater schuld", erklärt sie lachend. Der gelernte Automechaniker ließ seine beiden Töchter regelmäßig beim Reifenwechsel mit anpacken und zeigte ihnen die verschiedenen Teile im Motorraum des Wagens. "Auch handwerklich hat mir mein Vater viel beigebracht", sagt Knorr. "Damals hat sich meine Leidenschaft für Technik entwickelt, und sie ist bis heute geblieben."
Der Beruf der Umwelt- und Sicherheitsingenieurin verbindet diese Leidenschaft perfekt mit Knorrs zweiter großen Liebe: der Natur. "Ich bin auf dem Land aufgewachsen", erzählt sie. "Wir hatten Hunde, Schweine und Hühner, und ich war immer draußen."
Knorr bedauert, dass technische Berufe - insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau - nach wie vor eine Männerdomäne sind. Rollenbilder und Klischees lehnt sie kategorisch ab und erachtet es in diesem Zusammenhang als Vorteil, dass sie eine Mädchenschule besucht hat: "Da sagte niemand, Jungs seien besser in diesen Fächern und Mädchen in jenen." Es gehe gar nicht darum, dass man Mädchen für Naturwissenschaft und Technik begeistern müsse, sondern vielmehr darum, sie nicht zu demotivieren und auszubremsen, sagt Knorr. "Das fängt schon in der Kita an und setzt sich in der Schule fort."
Zwar sei ein Gesinnungswandel im Gange, beobachtet die Ingenieurin. "Aber in der Praxis geht mir das alles viel zu langsam. Wir brauchen dringend mehr Frauen in technischen Berufen, auch in Führungspositionen." Meist sei sie die einzige Frau auf Fachtagungen oder bei einschlägigen Seminaren - und noch dazu häufig eine der Jüngsten im Kreis der Teilnehmenden. Doch nicht zuletzt der Fachkräftemangel, so ihre Überzeugung, werde die Unternehmen zum Umdenken zwingen. Umso mehr ärgert sich Knorr darüber, wenn ihre Kompetenzen aufgrund ihres Geschlechts infrage gestellt werden, wie sie es zum Beispiel während einer Begehung mit einem externen Sachverständigen erlebt hat. "Ich hatte das Gefühl, dass er mich nur auf mein Äußeres reduziert und meine Qualifikation gar keine Rolle spielt", erzählt sie.
Entmutigen lässt sie sich davon nicht, ganz im Gegenteil. Sie könne sich gut vorstellen, Führungsverantwortung zu übernehmen, sagt Regina Knorr. Eines steht für sie fest: Was den Umgang mit Frauen in technischen Berufen angeht, liegt noch vieles im Argen. "Ich würde gerne meinen Teil dazu beitragen, dass sich das ändert."
